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Brief von Dorothea von Schlegel an Johann Carl Fürchtegott Schlegel, 28.01.1829Universitätsbibliothek LeipzigAutographensammlung KestnerSignatur: Slg. Kestner/II/A/IV/1860/Nr. 1

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Brief von Dorothea von Schlegel an Johann Carl Fürchtegott Schlegel, 28.01.1829Universitätsbibliothek Leipzig ; Autographensammlung Kestner

Signatur: Slg. Kestner/II/A/IV/1860/Nr. 1; Mappe 1860; Blatt Nr. 1


Wien, 28.01.1829. - 2 Bl. (3 hs. S.) / 1 Bl. (2 hs. S.), Deutsch. - Brief

Inhaltsangabe: Verehrtester Herr Bruder!Es ist das erste Mal daß sich die Veranlaßung findet, wo es mir zur unnachlässigen Pflicht wird Ihnen zu schreiben, und diese ist der schmerzliche, harte Schlag der uns durch den plötzlichen Tod des geliebten Friedrich betroffen hat! Gewiß wird es Ihnen schon bekannt geworden seyn, welche tiefe Trauer, durch die unerforschlichen Rathschläge Gottes über mich verhängt wurde, die ich nie glaubte den vortrefflichen Mann überleben zu müßen. Ihrer brüderlichen Theilnahme bin ich gewiß, denn Sie betrauern den Bruder, wie ich den treuesten Freund, Gatten, Bruder, ach ja alles was ein Mensch dem andern hier auf Erden seyn kann. Aber wir trauern nicht "wie die Heyden die nicht Hoffnung der Auferstehung haben" und wir verehren ja alle kindlich die Hand, welche giebt, und nimmt, verwundet und heilt, wie es ihr gefällt. Gottes heiliger Wille werde vor allem an uns, mit uns und durch uns erfüllt.Seit Ende des vorigen Octobers befand sich Friedrich mit der Nichte Buttlar, und in ihren Angelegenheiten zu Dresden, wo er die Muße, welche jene Geschäfte ihn ließ dazu anwandte, vor einem ausgewählten Publikum einige Vorlesung zu halten, welche er - wie er immer zu thun pflegte - zur gleichen Zeit auch ausarbeitete. War es nun eine plötzlich eintretende Kälte, über deren schädlichen Einfluß er sich in seinem letzten Schreiben vom 5ten Januar gegen mich beklagte; oder war es die etwas sehr anstrengende Arbeit - genug, in der Nach vom 11ten auf den 12ten d. M. überfiel ihn ein Brustkrampf (dem er seit mehreren Jahren schon ausgesetzt war) dem er dieses mal unterliegen mußte! Ich lege hierbey eine kleine Anzeige, wie dieser so traurige Fall in den hiesigen Zeitungen ist mitgetheilt worden; genauere details wissen wir noch selber nicht, und erwarten die Rückkunft der lieben Nichte, um mehr von ihr zu erfahren, über die letzten Augenblicke des Verewigten; indeßen wollt ich es nicht länger anstehn lassen, Ihnen verehrter Bruder diese schmerzliche Nachricht, schuldiger Weise anzuzeigen.Wie es mit mir selber wird, oder was ich für die Zukunft beschließen werde, darüber weiß ich noch nichts zu bestimmen; es kömmt darauf an, ob die Gnade des Kaysers mir eine Pension bewilligen wird. Meine Gesundheit erhält sich durch die göttliche Hülfe, bey diesen manichfaltigen Stürmen ganz wohl, und ich darf nicht klagen. Was die Hinterlassenschaft des teuren Verstorbenen betrifft, da kein Testament sich vorgefunden hat, so ist die Frau desselben, nach den hiesigen Gesetzen nicht die Erbin des Nachlasses ihres Gemahls, als nur zum vieten Theil. Die nächsten Erben sind seine Geschwister.Da nun unser lieber Verstorbener kein Vermögen hinterlassen, vielmehr mehrere Schulden sich vorfinden; ferner das geringe vorhandene Mobiliar größtentheils mein Eigenthum ist, theils zugebracht, theils mit erworben, oder mir persönlich von meinen Geschwistern und meinen Söhnen mir gegeben, so würde der geringe Nachlaß fürchte ich, den Geschwistern gewiß mehr Last als Vorheil gewähren. Die vorhandenen Manuscripte, (eigentlich auch nicht von großer Wichtigkeit) sind in der Verwahrung seines Chefs, des Fürsten Metternich, der sich vorbehielt darüber zu disponieren. Es bleibt nun noch die kleine Büchersammlung, die ziemlich sich auf das nothwendigste zu seinen Arbeiten gehörige beschränkt, und diese würde wenn sie versendet werden sollte, leicht mehr Spesen verursachen als sie Geld werth enthält. Dies ist der wahre Stand der Sache, und ich ersuche Sie nun mein verehrter Herr Bruder! Gemeinschaftlich mit dem Bruder Wilhelm es in Ueberlegung zu nehmen, und mir Ihre Meynung zu eröffnen, ob Sie diese Verlaßenschaft Ihres seeligen Bruder in Anspruch nehmen, oder der vielen umständlichen Weitläufigkeiten wegen nicht für gerathen halten, darauf zu verzichten, da es viel einfacher ist, es mir zu überlassen, daß ich alles zu Gelde mache, die Schulden zu bezahlen suche, und sollte davon noch erübrigt werden, den Geschwistern das gebührende zu übermachen? Da ich, sobald als möglich ein Verzeichnis der Bücher werde machen lassen so werde ich Sorge tragen, Ihnen eine Abschrift davon zukommen zu lassen, wenn Sie dieses wünschen, um sich allenfalls Eins oder das Andre daraus zu einem Andeken zu erwählen. Indem ich mich dieser traurigen Pflicht entledige, empfehle ich mich Ihrem brüderlichen Wohlwollen, Gott bittend daß er Sie noch lange Jahre erhalten wolle zum Trost und zur Freude der Ihrigen. " Gruß an die Schwägerin.

Begleitmaterial:Biogr. Notizen.

Objekteigenschaften: Handschrift

Pfad: Autographensammlung Kestner / Merkwürdige Deutsche (Slg. Kestner/II/A/IV)

[Slg. Kestner/II/A/IV/1585a (Frühere Signatur)]

DE-611-HS-3055294, http://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-3055294

Erfassung: 14. Oktober 2016 ; Modifikation: 22. Oktober 2019 ; Synchronisierungsdatum: 2024-04-09T16:27:53+01:00