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Manuscripte zur venezianischen Geschichte: "Verfassung, Staatsverwaltung, Handel der Venezianer" (Berliner MS 1826/27 zur Fortsetzung der Fürsten und Völker; erste Kritik an Daru)Staatsbibliothek zu Berlin. HandschriftenabteilungNachlaß Leopold von Ranke

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Manuscripte zur venezianischen Geschichte: "Verfassung, Staatsverwaltung, Handel der Venezianer" (Berliner MS 1826/27 zur Fortsetzung der Fürsten und Völker; erste Kritik an Daru)Staatsbibliothek zu Berlin. Handschriftenabteilung ; Nachlaß Leopold von Ranke


Berlin, 1826-1827 [1878]. - 3 Lagen mit zusammen 84 Bl., teils diverse Zählungen; Papp(Quarto-)Mappe., Deutsch Italienisch Französisch Latein Altgriechisch

Inhaltsangabe: Die hier aus Rankes Nachlass wieder zusammengeführten Werk-MS zeigen Rankes, noch 1827 in Berlin - vor Beginn der "Italienischen Reise" - weitgehend für den Druck vorbereitete Manuscripte zum projektierten 2.Band der „Fürsten und Völker“, hier über „Verfassung, Staatsverwaltung, Handel der Venezianer“(BW S.105): Rankes Anmerkungen und Analecten bleiben auf die Bestände der Königlichen Bibliothek zu Berlin konzentriert (hier vor allem auf die "informatione politiche", u.a. Bl.79' (Relatione di stato,1567) auch aus Gotha; auch nachträgliche Einfügungen aus Wien 1827f. finden sich z.B. Bl. 63'/73). Indeß wurde Rankes 2.Band der "Fürsten und Völker" so nie gedruckt und blieb alles liegen. Erst dem 1878 erschienen SW-Bd.42 „Zur Venezianischen Geschichte“ – hier Teil 1 „Venedig im sechszehnten Jahrhundert“ – dienten bedeutende Teile auch dieses Werk-MS als Vorlage. Entsprechend finden sich Bearbeitungsspuren dieser Zeit (Korrekturen, Randnotizen fremder Hand, ausserdem Bl.6/9/16/17 spätere Einfügungen aus der Arbeit an SW 42/1878 von fremder Hand); manches war danach beim Drucker vergessen, anderes blieb verwirrt und an verschiedenen Stellen abgelegt zurück - 3 Lagen liessen sich dennoch rekonstruieren:Lage 1, Bl.1-31: "Zweytes Capitel. Staatsverwaltung und Handel in Venedig"(später bei Arbeit an SW 42(1878) durchgestrichen und in fremder Handschrift ersetzt durch den Titel "I.Allgemeine Lage der Republik" etc. wie in SW 42) - beginnend mit "Unüberwindlich scheinen im Orient die Osmanen"(Bl.1), entspricht Lage 1 weitgehend wörtlich SW Bd.42 Teil 1, Kap.1(S.11-30, "I. Allgemeine Lage" etc.), endend mit "so tritt uns die Weltstellung dieser Stadt, reich glänzend, großartig vor die Augen" (Bl.23'oben); hier am Rand mit dem späteren Zusatz fremder Hand versehen "Alles Folgende fällt fort", bleiben Rankes Schlussworte auf die Republik Venedig Bl.23'-24' ungedruckt und unbekannt: "(..) daher kommt die bedächtige, langsame, nach allen Seiten umsehende Politik, die sie beobachten. Wenn die nemlichen Menschen, die in dem Besitz der obersten Gewalt sind, persönlich von beydem berührt werden, von den Gefahren, die ihnen im Krieg droht, - denn was verloren geht, verlieren sie die Herrscher - von dem Vortheil, den ihnen der Handel verspricht: Denn nicht leicht kam ein reiches Schiff an, nicht leicht ward auf dem Rialt ein bedeutendes Geschäft geschlossen, bey dem nicht insgeheim ein vornehmes Haus interessiert gewesen wäre, - so kann man erwarthen, wie genau sie beydes gegeneinander abzuwägen geneigt waren. Daher kommt die strenge Aufsicht, die sie über ihre Nobili führen. Die Verbindung derselben mit den Fremden bleibt durch den Handel um so lebhafter ja und verdächtiger, je geheimer man sie treibt. Die Staatsinquisition kann nur in der Nothwendigkeit, das Geheimnis auf das strengste zu halten ihre Entschuldigung finden(..)".Lage 2, Bl.32-60: "Venedig I. Regierungsform"(Bl.32) bzw. "Über die Venezianische Staatsverfassung"(Bl.45) - Lage 2 beginnt mit der später durchgestrichenen Hinleitung "Wenn man im sechszehnten und siebz. Jahrh. Gesandte nach Venedig schickte, instruierte man sie nicht selten, vornehmlich, ihre Bewunderung über venezianische Dinge zu äussern"(Bl.32, wiederholt Bl.45 - vgl. zu den hier erwähnten Instructionen di Capua und Bedmar SW 42, S.32), und endet im Grunde Bl.43'/58' unten mit "Paul Veronese hat den Rath der Zehn durch einen Jupiter vesinnbildlicht, der den Blitz auf die Laster schleudert"(vgl. SW 42 S.56); Bl.36 der programmatische Hinweis: "Die inneren Geschichten von Venedig sind uns entweder gar nicht oder sie sind uns nur in Bruchstücken überliefert worden. Wer ihre Papiere besässe, könnte sie ohne Zweifel vollständig entdecken und mit Evidenz entwickeln" (vgl. etwa Rankes Vorwort zu SW 42);Lage 2 setzt zweimal zum Thema an (Regierungsform Bl.32f., Staatsverfassung Bl.45f.) - mit durchaus ähnlichen Worten - und entspricht grob SW 42 Teil 1, Kap.2(S.31-63, "Über die venezianische Staatsverfassung"), wurde aber so nicht übernommen; bei Beschreibung der venezianischen Staatsinquisition schreibt Ranke: "Was sollen wir aber sagen, wenn selbst die wichtigsten Urkunden einander geradezu widersprechen. Diejenigen, welche unser Landsmann Siebenkees bekannt gemacht, scheinen unwidersprechlich darzuthun, daß der Name der Staatsinquisition (..) sich erst zu Ende des 16:Jahr. ausgebildet habe; dennoch hat Daru Statuten der Staatsinquisitition angeblich vom Jahr 1454 bekannt gemacht. Was sollen wir glauben? Wo findet sich die Wahrheit? Ich nehme hier der kritischen Untersuchung ihr Resultat voraus hinweg. Ich habe mich überzeugt, daß die von Daru angeführten Statuten(..) unächt sind."(Bl.41'; vgl. SW 42/S.87f.).Lage 3, Bl.61-84: "Venezianische Relationen über Venedig [daneben:] Handschriften über Venedig" - die offenbar als sorgfältig ausgearbeiteter Analektenanhang zum Venedig-Teil vorgesehene, noch in Berlin 1826/27 fertiggestellte Lage 3 teilt sich in 3 Teile: "I.Venezianische [durchgestrichen: Berichte] Handschriften über Venedig"(Bl.61f.) und "II [auswärtige Relationen über Venedig]"(Bl.77f.); sowie III.: "Excurs. Untersuchung über die von Daru bekannt gemachten Statuten"(Bl.72-75'). Den SW 42, Teil 1 "Venedig im sechszehnten Jahrhundert", hat Ranke keinen eigenen Bericht über venetianische Relationen beigegeben - die hier in I. und II. versammelten Quellen bzw. Rankes Ausführungen dazu finden sich jedoch in SW 42 immer wieder wörtlich in die Fussnoten übernommen: So z.B. Bl.61'f. "Capitoli del Regimento di Puola. So nenne ich ein in der K[öniglichen] Bibliothek zu Berlin ohne Titel vorhandenes - mit MS. Ital. 4.nr 3 - bezeichnetes Manuscript" in SW 42 S.14; so z.B. Bl.63' "Relatione di Dalmatia del Cav. Marcantonio Morosini (..) MS Beroli. Informatt.politice. Tom XVII. 49 Blatt [Zusatz:] MSS Fosc.Vindob.nr.77.f167-202. / 35Bl. ist die neml. wie die Berliner von Morosini" in SW 42 S.12; so z.B. Bl.77f./79'f. "Relatione di stato forza et governo della repubblica Venetiana fatta al re catolico Filippo d'Austria. Informatt.politt. Tom XI. 35Blätter"(1567) in SW 42 S.31 und S.12 (hier vor allem wörtliche Übernahmen) etc..Bl.72-75' "Excurs. Untersuchung über die von Daru bekannt gemachten Statuten der Staatsinquisition von Venedig" - beginnend mit "Es gibt keine Frage, welche für die venezianische Geschichte wichtiger wäre, als die Untersuchung, die wir unternehmen wollen. Wie kann man (..) einen Staat kennen (..) ohne denjenigen zu kennen, bey dem die oberste Staatsgewalt ist. Die Statuten (..) welche Daru in einigen Manuscripten zu Paris gefunden und herausgegeben, übertragen diese (..) oberste Gewalt der Staatsinquisition. Wofern sie richtig sind, so hat Venedig bey vierhalbhundert Jahren, in der gewaltsamsten, ränkevollsten, sittenlosesten Regierung zugebracht, die je bestanden"; doch erst in Wien ab September/October 1827 konnte Ranke die "Unächtheit jener Statuten" Darus vollkommen beweisen (vgl. SW 42 S.114f./87) - seine noch in Berlin vor Abreise nach Wien fertiggestellte, hier vorliegende und bislang ungedruckte erste Quellenkritik an Daru endet Ranke so: "Es ist hier ein stetes Dunkel. Liegt dem Ganzen nur Täuschung zum Grunde? Oder hat man, was freylich wahrscheinlicher, bey der Redaction ältere Vorschläge und Gesetze mit einander verbunden? Ich weiss das nicht zu entscheiden und kann hier keine genügende Vermuthung aufstellen. Nur so viel ist gewiss, daß diese Statuten nicht von 1454, daß sie auch wie sie vor uns liegen, zu historischem Gebrauch sich nicht eignen."(Bl.75' unten)

Literaturhinweise: Die "Instruttione data dal Marchese di Bedmar gia ambasciatore del Re Cattolico in Venetia"(p.1171f.) findet sich in einem Quellenband, den Ranke in Leipzig kaufte - auf dem Deckblatt notierte er: "Aus der bibliotheca Foschiana erkauft. F L R. Februar 1826"; der Band ist heute in Syracuse, vgl. Muir MS 46, S.41f.; , Pierre Daru: Historie de la Republique de Venise, Paris 1819;, Johann Ph. Siebenkees: Versuch einer Geschichte der venetianischen Staatsinquisition, Nürnberg 1791.

Editionshinweise: Ranke: Zur Venezianischen Geschichte, SW 42(1878), darin: I. Venedig im sechszehnten Jahrhundert und im Anfang des siebzehnten (Einleitung (S.1f.), 1."Allgemeine Lage der Republik"(S.11f.), 2."Über die venezianische Verfassung, besonders den Rath der Zehn"(S.31f.), 3."Staatsveränderung 1582. Dogenwahl von 1585"(S.64f.), 4."Staatsinquisitoren"(S.87f.), Analecten (S.114f., darunter die Kritik an Daru, Wien 1827); II. Die Verschwörung gegen Venedig im Jahre 1618 (S.135f.); III. Die Venezianer in Morea (S.279f.);, Vgl. auch Rankes erste Kritik an Daru's Äusserungen über die Staatsinquisition in seiner "Kritik neuerer Geschichtschreiber", Leipzig 1824, S.174f. (SW 33/34 S.145f.).

Bemerkung: Bemerkung zur Datierung: Die 3 vorliegenden Werk-MS-Lagen können kaum vor 1826 begonnen sein, und waren ursprünglich spätestens August 1827 vor Abreise nach Wien abgeschlossen; doch fügte Ranke wenigstens in Lage 3, dem Analecten-Teil (Bl.61-84 "Die Venezianischen Relationen über Venedig") bei Beschreibung der Quellen aus Berlin und Gotha vereinzelt Verweise auf Wiener Relationen hinzu - hatte Ranke das MS auf der Reise dabei (was wahrscheinlich ist), dann vielleicht noch Ende 1827 in Wien; besonders Lage 1&2 zeigen zudem deutliche Überarbeitungs-Spuren aus der Arbeit an SW 42 (1878), hier allerdings von Amanuensen-Hand (Bl.6 z.B. Georg Winter).Gröberes Velin-Papier (17,7x21,5cm; wie sonst von Ranke für die "Fürsten und Völker" verwendet; masch.Pap. Bl.6/9/16/17), ohne WZ; Bl.14 oben Brandloch; der beigen Papp(Quarto-)Mappe wurde bei Katalogisierung unter Joachimsen ein Papierstreifen angeklebt mit "Fasc 6.L.10", sie trägt die Beistift-Aufschrift "Venedig", darunter (Schriftzüge Wiedemanns) zunächst mit Bleistift "Zur venezianischen Geschichte. Ausarbeitung und Bericht über Relationen", dann mit Tinte "Eigenhändiges Manuscript v.L.v. Ranke".

Ausreifungsgrad: Umfangreiche, teils überarbeitete Werk-Manuscript-Fragmente zu dem so nie erschienen 2.Bd. der "Fürsten und Völker", Teil 1 "Venedig".

Objekteigenschaften: Handschrift

Pfad: Nachlaß Leopold von Ranke / Segment II: Italienische Geschichten / Venedig

DE-611-HS-3592251, http://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-3592251

Erfassung: 19. Mai 2020 ; Modifikation: 1. September 2022 ; Synchronisierungsdatum: 2024-03-29T17:18:13+01:00