Nachlass Fritz Klein sr.Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften ; Nachlass Fritz Klein sr.


Fritz Klein sr. (1895-1936) [Bestandsbildner]

Kurzbiographie: Michael Arthur Friedrich (kurz: Fritz) Klein kam am 1. September 1895 als Sohn des evangelischen Pfarrers Friedrich Michael Klein (1851-1913) im siebenbürgischen Weißkirch (bei Bistritz, etwa 150 km nordöstlich von Hermannstadt) zur Welt. Seine Mutter, Hermine Klein geb. Csallner (1872-1961), entstammte ebenfalls einer Pfarrersfamilie. Nach dem Abitur am Hermannstädter Gymnasium begann Fritz Klein 1913 als Einjährig-Freiwilliger in einem k.u.k. österreichisch-ungarischen Feldartillerieregiment zu dienen. Während des Ersten Weltkriegs stieg er bis zum Oberleutnant auf. Er studierte an den Universitäten von Wien, Klausenburg und Debrecen Rechts- und Staatswissenschaften sowie Nationalökonomie. 1921 schloss er sein Studium mit einer Doktorarbeit über den „Neomerkantilismus in Rumänien“ ab. Bereits während seines Studiums arbeitete Fritz Klein als freier Mitarbeiter für verschiedene Zeitungen Österreich-Ungarns sowie des Deutschen Reichs. Außerdem war er als Redakteur für die Hermannstädter „Deutsche Tagespost“ tätig und wurde 1921 ihr Chefredakteur. Der siebenbürgische Politiker Rudolf Brandsch (1880-1953), der bereits die „Deutsche Tagespost“ mitbegründet hatte, plante eine neue deutsche Tageszeitung in Bukarest, für deren redaktionelle Leitung er Fritz Klein favorisierte. Während des Sommers 1921 sollte Fritz Klein deshalb in Berlin seine Redaktionserfahrungen erweitern und gleichzeitig ein Netz von zusätzlichen Kontakten knüpfen. Wenngleich das Bukarester Zeitungsprojekt nicht realisiert werden konnte, so wurde seine Karriere jedoch durch den Berliner Aufenthalt forciert. Er hospitierte bei einer der wichtigsten Tageszeitungen, der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ (DAZ), und wurde 1922 als ihr Redakteur angestellt. Im gleichen Jahr heiratete er die Hermannstädterin Gertrud Orendt (1900-1938). Bereits zwei Jahre später avancierte Fritz Klein zum Stellvertreter des Chefredakteurs Paul Lensch (1873-1926), dessen Posten er ein Jahr später, im November 1925, übernahm. Seit diesem Zeitpunkt wirkte Fritz Klein mit seinen viel gelesenen Leitartikeln, die er unter dem Kürzel „Dr. F.K.“ veröffentlichte, auf die öffentliche Meinung in Berlin und im Reich ein. Als außenpolitischer Berichterstatter der DAZ verfolgte er Sitzungen des Völkerbunds in Genf und besuchte internationale Konferenzen (Locarno 1925, Den Haag 1929 u. 1930, Lausanne 1932). Er war u.a. Mitglied des Deutschen Herrenklubs sowie des Rotary Clubs und wurde 1929 zum Vorsitzenden des Vereins der Berliner Presse gewählt. Zu einigen Politikern der Weimarer Republik, wie Gustav Stresemann (1878-1929) und Heinrich Brüning (1885-1970), entwickelte Fritz Klein eine Vertrauensstellung, die seinem Anliegen, auch politisch zu wirken, entsprach. Unter seiner redaktionellen Leitung vertrat die DAZ durchgehend die Interessen der Ruhrindustriellen, Banken und Großreedereien. Sie waren im Aufsichtsrat der DAZ vertreten und finanzierten die Zeitung während der gesamten Zeit in unterschiedlichem Maße. Aufgrund der umfangreichen staatlichen Subventionen, die die Zeitung gerade zu Beginn von Kleins Chefredakteurszeit erhielt, stand sie zunächst in der Kritik, das offiziöse Sprachorgan der Reichsregierung zu sein. Fritz Klein war kein Mitglied einer Partei, er stand jedoch der bürgerlich-konservativen Politik der Deutschen Volkspartei (DVP) nahe. Der ab Beginn der dreißiger Jahre vertretene Kurs der Ruhrindustriellen, für die erstarkende NSDAP eine Regierungsbeteiligung zu fordern, wurde von ihm mitgetragen. Nach deren Machtergreifung 1933 stimmte er jedoch nicht in die allgemeine Euphorie ein, sondern fand angesichts mancher Maßnahmen der neuen Regierung kritische Töne. So wurde er bereits wegen seines Artikels vom 13. März 1933 zum Minister für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels (1897-1945) und zum Chef des Ministeramtes im Reichswehrministerium Walter von Reichenau (1884-1942) zitiert, die zwar grundsätzlich die positive Bewertung der DAZ zur politischen Wende begrüßten, jedoch Kleins Bedauern über den starken Rückgang der Stimmenzahlen von nichtnationalsozialistischen rechten Kräften – wie z.B. der Deutschnationalen und ihres sinkenden Einflusses in der Regierung – kritisierten. Nachdem Fritz Klein in seinem Leitartikel „Bruderkampf“ vom 29. Mai 1933 an Hitlers Österreich-Politik Kritik geübt hatte, wurde die DAZ auf persönliche Anordnung Adolf Hitlers (1889-1945) kurzzeitig verboten. Während dieser Zeit wurde Fritz Klein seiner Position als Chefredakteur durch die Eigentümer und den Aufsichtsrat der DAZ enthoben. Eine Stelle als Korrespondent der DAZ in London, welche man ihm anbot, lehnte er ab. Das Verhalten des Aufsichtsrates enttäuschte ihn stark, und er kündigte selbst. Angebote aus dem Ausland nahm er aufgrund seiner deutschnationalen Ansichten nicht an, da er sich nicht zum Emigranten machen lassen wollte. Anfang September hoffte Fritz Klein noch auf eine persönliche Unterredung mit Adolf Hitler, um dessen negatives Urteil zu korrigieren. Auch bei Joseph Goebbels und dem preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring (1893-1946) bemühte er sich vergeblich um ein Gespräch. Am 3. Oktober 1933 gründete Fritz Klein zusammen mit Paul Fechter (1880-1958) die Wochenzeitschrift „Deutsche Zukunft“ (DZ), deren erste Nummer am 15. Oktober 1933 erschien. In wirtschaftlicher Hinsicht führte die berufliche Veränderung zu finanziellen Problemen. Obschon kaum mehr kritisch in ihren Artikeln, gelang es der Zeitschrift, von manchen Lesern als eine Art stille Opposition wahrgenommen zu werden. 1936 nahm Fritz Klein als Oberleutnant der Reserve an einer Wehrübung bei einem Artillerieregiment in Liegnitz teil. Während eines Ausritts stürzte er am 8. Mai vom Pferd und verstarb am Unfallort. Er hinterließ seine Frau Gertrud und die vier gemeinsamen Kinder im Alter zwischen 5 und 11 Jahren.Olaf Schlunke (Projektmitarbeiter)Wiebke Witzel (Projektleiterin) BestandsgeschichteDas Nachlassschriftgut von Fritz Klein war ursprünglich wohl Teil einer umfangreichen privaten Registratur, die zunächst in seiner Wohnung am Lützowplatz 11 und nach einem Umzug der Familie in der Admiral-von-Schroeder-Str. 8 untergebracht war, von wo Klein die DZ herausgab. Es verblieb nach seinem Tod zunächst bei der Witwe. Nachdem sie 1938 an Tuberkulose verstarb, sind die Unterlagen zusammen mit anderem Familienbesitz vermutlich zunächst eingelagert worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangten sie an den Pflegevater der beiden ältesten Söhne Fritz Kleins, Heinrich Deiters (1887-1966), der ebenfalls mit seiner Familie in Berlin lebte. Vermuten lässt sich dies, da der älteste Sohn, der ebenfalls Fritz Klein (1924-2011) hieß, das Nachlassschriftgut seines Vaters bis zu seinem eigenen Tod bei sich zu Hause aufbewahrte. Neben einigen Korrespondenzen aus der Zeit als DAZ-Chefredakteur und biographischen Dokumenten – von denen sein Sohn annahm, dass sie beim Ausscheiden aus der Zeitung oder möglicherweise schon vorher wegen ihrer besonderen Wichtigkeit ausgewählt wurden – bildet den Hauptbestandteil des Nachlassschriftgutes von Fritz Klein die Redaktionskorrespondenz der DZ von 1933 bis 1936. Hierzu zählen v.a. die Schriftwechsel mit den Autoren/Autorinnen zur Veröffentlichung oder Ablehnung von Beiträgen sowie mit Lesern/Leserinnen. Geordnet wurden die Briefe sowohl alphabetisch nach den Namen der Korrespondenzpartner als auch chronologisch. Während der Bearbeitung wurden Buchstabenlücken in der Überlieferung der Redaktionskorrespondenz festgestellt. Auffällig ist, dass Autoren von in der DZ veröffentlichten Beiträgen nicht in der Korrespondenz überliefert sind. Das lässt sich nicht nur mit den bereits erwähnten Lücken erklären, sondern deutet darauf hin, dass sich Teile der Redaktionskorrespondenz auch im Besitz von Paul Fechter befunden haben müssen. In seinen Aufgabenbereich fielen wohl vor allem die Kontakte zu Schriftstellern und Künstlern. Ein klares Prinzip der Aufteilung der Korrespondenz ist jedoch nicht erkennbar.Zum Nachlassschriftgut von Fritz Klein sr. zählt ein Splitternachlass von Rudolf Pechel (1882-1961) mit einem Umfang von ca. 0,04 lfm. Wie dessen Unterlagen in die Registratur von Fritz Klein gelangten, kann derzeit nicht beantwortet werden. Schon Fritz Klein jr. war dieser Umstand rätselhaft, wie seine Briefe, etwa an Larry Eugene Jones (geb. 1940), belegen. Die Korrespondenz zwischen Rudolf Pechel und Fritz Klein ist im Klein-Nachlass kaum überliefert. Hier kann auf den Nachlass von Rudolf Pechel im Bundesarchiv-Koblenz verwiesen werden. Kopien dieses Briefwechsels, die der Historiker Fritz Klein vom Bundesarchiv-Koblenz anfertigen ließ, wurden seinem Nachlass (NL F. Klein jr., Nr. 1256) zugeordnet.Als Historiker arbeitete Fritz Klein jr. vorrangig zur Geschichte des Ersten Weltkriegs. Für eigene Publikationen zur Spätphase der Weimarer Republik sowie für seine Memoiren „Drinnen und Draußen“ nutzte er jedoch bereits seit den 1950er Jahren selbst die Unterlagen seines Vaters. Ferner gewährte er anderen Forschern Einblick in den Nachlass oder verlieh Nachlassmaterialien, wie die Redaktionskorrespondenz der DZ an den Professor für Geschichte der öffentlichen Kommunikation und Publizistikwissenschaft der FU Berlin, Prof. Dr. Bernd Sösemann (geb. 1944). Da die Auswertung und Ergänzung der Nachlassmaterialien des Vaters sich im Nachlass des Historikers Fritz Klein jr. niederschlagen, besteht zwischen beiden Nachlässen eine Verbindung. Fritz Klein jr. benutzte auch einige Briefumschläge aus dem Nachlass seines Vaters für eigene Aufzeichnungen (siehe NL F. Klein jr., Nr. 458). Nach dem Tod von Fritz Klein jr. schenkten seine Witwe und die drei Kinder die Nachlassmaterialien beider Fritz Kleins im April 2012 dem Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW). Die beiden Nachlassbestände befanden sich im Arbeitszimmer von Fritz Klein jr. in Berlin-Johannisthal. Die an Prof. Dr. Bernd Sösemann verliehenen Materialien wurden im Auftrag der Familie zwei Monate später vom Akademiearchiv übernommen. Im Frühjahr 2014 und 2015 übergab Prof. Dr. Bernd Sösemann noch weiteres Nachlassschriftgut von Fritz Klein sr., das sich bei ihm angefunden hatte. Die Erben von Fritz Klein jr. verzichteten auf gesonderte Benutzungsbeschränkungen. Sie möchten jedoch über die Themen von Benutzern, die die beiden Nachlassbestände einsehen, informiert werden. Aufgrund ihres starken Interesses an der Auswertung der Quellen wünschten sie eine zeitnahe Verzeichnung der Materialien. Deshalb stellte der BBAW-Präsident Günter Stock einen Antrag an die DFG zur „Erschließung der Nachlässe des Journalisten Dr. Fritz Klein sr. und des Historikers Prof. Dr. Dr. h.c. Fritz Klein jr. und die Digitalisierung des Nachlassschriftgutes von Fritz Klein sr.“, der Ende Oktober 2013 bewilligt wurde. Im Rahmen der Eigenleistung der BBAW wurden zunächst alle Metallklammern aus den gesamten Unterlagen von Fritz Klein sr., die überwiegend verrostet waren, durch Plastikklammern von dem Archivmitarbeiter Leonard Golz ersetzt, der ferner viele kleine Einrisse reparierte und das Schriftgut glättete. Die Bearbeitung von stark geschädigten Dokumenten übernahm eine Restauratorin. Mit den Mitteln der DFG wurde die einjährige Erschließung der beiden Nachlässe durch Olaf Schlunke als Projektkraft finanziert, der am 1. Januar 2015 seine Tätigkeit aufnahm. Damit die Erschließungsergebnisse so detailliert sind, dass sie nach ihrer Verknüpfung mit den zugehörigen Digitalisaten der Nachlassdokumente einen gezielten Zugriff auf die Scans bieten, verzeichnete er die Dokumente aus dem Nachlass des Journalisten Fritz Klein einzeln mit Hilfe der Archivsoftware Augias. Die Briefe des Schriftwechsels mit einer Person wurden mit dem Ausstellungsort, dem Datum, dem Umfang und als Ein- und Ausgangsbrief verzeichnet. Bei den Briefen der sachthematisch geordneten Korrespondenz wurden darüber hinaus die Absender und Adressaten benannt. Ferner wurden alle Briefbeilagen mit ihrem Umfang verzeichnet. Die 34 Ausgaben der DZ, die im Nachlass mit einem Umfang von 0,1 laufenden Regalmetern überliefert sind, wurden hingegen nur mit dem Titel und dem Datum erschlossen und nicht digitalisiert. Durch die von Prof. Dr. Bernd Sösemann nach dem bewilligten DFG-Antrag übergebenen Nachlassmaterialien hatte sich der Umfang des intensiv zu erschließenden Nachlassschriftgutes um 0,5 laufende Regalmeter erhöht. Die Verzeichnung von 0,3 laufenden Regalmetern Nachlassschriftgut und die finale Korrektur der Erschließungsergebnisse übernahmen deshalb die Archivmitarbeiter Heike-Fanny Braun und Stephan Fölske. Die Nachlassdokumente foliiert, gescannt und mit den Erschließungsdaten verknüpft hat Thomas Schmidt, der als studentische Hilfskraft ebenfalls ein Jahr lang aus DFG-Mitteln bezahlt wurde und bis Mitte August 2016 tätig war. Für die IT-Betreuung dieses Projektes und die Online-Präsentation der Erschließungsergebnisse zusammen mit den digitalisierten Dokumenten auf den Webseiten von Augias-Data, Kalliope und Europeana war der BBAW-Mitarbeiter Markus Schnöpf zuständig. Nach der Umbettung der Materialien von Fritz Klein sr. in säurefreie Mappen, Umschläge und Archivkartons hat der Nachlass einen Umfang von 2,6 laufenden Regalmetern.

DE-2458-2283, http://kalliope-verbund.info/DE-2458-2283